Freitag, 10. Oktober 2014

Herbst-Hof-Kachelofen-Zeit



Die Kärntner Wälder haben Gala angelegt,
sich Gelb, Braun und Rot gekleidet,
Eichen, Birken, Lärchen setzen
Farbtupfer in den übermächtigen Grün-Wall
der Berg-Nadelwälder.

Im Gailtal kommt
die Dämmerung früh.
Weit im Westen, hinten überm Lesachtal,
verschlucken die Berge die Sonne -
je später der Herbst desto früher der Abend.
Ach ja, unselige Zeitumstellung,
was noch zu bedenken war.
Die Kühe mögen sie gar nicht,
erzählt der Bauer. Ungewohnt.
Wie für die Menschen.

Kinder spielen tags im Dorf,
sammeln Kastanien. Taugen
zum Basteln und fürs Wild.
Die anderen spazieren,
durchs Dorf, zum Bergbach,
genießen die milde Sonnenwärme,
tauchen ein ins sanfte Herbstlicht,
zaubert Postkartenidyllen,
Ölgemälde, von der Natur gemalt.
Lockt zur Fernsicht.

Klar ist die Luft. Es riecht nach Laub,
Kastanien, Erde, Wald, Wiesen.
Der Kukuruz ist geerntet,
braune, gelbe Kolben
hängen an Balkonen, in der Diele.
Erntedank ist schon gefeiert.
In leichter Brise
nicken sacht Baumwipfel.
Die Sonne hat sich hinter
einem Berg verkrochen,
zeigt sich aber nochmals.
Bald schon kommt die Dämmerung.

Auf der Ofenbank ist's mollig.
Großeltern und Eltern, die auch Kinder sind,
Kinder und deren Kinder,
die auch Enkel sind,
wärmen sich den Rücken.
Die einen stricken,
die anderen lesen
und ältere Eltern, Großeltern und Eltern,
die auch Kinder sind,
unterhalten sich.
Erzählen von der Ernte,
wie's im Jahr so gegangen ist,
von Wehwehchen und Zipperlein
und vom baldigen Winter.
Ob's viel Schnee gibt, ob er
lange dauert?

Der gute alte Kachelofen mit Ofenbank
wärmt nicht nur den Rücken.
Macht den Raum mollig,
wärmt Nebenzimmer und Diele
und kann noch mehr.
Der große Schlund
reicht für viele Brote.
Bauernbrot. Auch mit Kümmel.
Frisch gebacken, knusprig.
Wohliger Duft
durchströmt das Haus.
Macht hungrig.
Frisches Brot, Speck vom Hof,
Käse von der Alm. Köstlich.
Was für ein Hof-Herbst!

Draußen
ist's stocke-dunkel-finster.
Bald
kommt die Bettzeit.
Bald schon
ist Winter.
Ganz bald
unterm dicken Plumeau
in Träume versinken.
Vollgestopft mit Kastanien, Kukuruz,
Spielen, Licht, Wärme,
Farbenspiel, Erzählungen,
Kühen, Schweinen,
Almkäse, Schinkenspeck und Brot.
Und doch Schlaf so tief.

Bald
beginnt der neue Tag.
Für Großeltern, die auch Eltern sind,
für Kinder, die auch Eltern sind,
für Kinder,
die Eltern und Großeltern haben.
Der alte
Herbst-Hof-Kachelofen-Tag
ist vorbei. Der neue kommt.
Schöner Herbst!

                 Georg Hainer


10/2014 Textrechte by Verlag Buch-Juwel, Foto by DialogPresseweller
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