Mittwoch, 4. Januar 2017

Heimat – wo du zu Hause bist



Waldgebiet Aehl in Siegen, Rosterberg. (Gestaltung: presseweller)

In der Erinnerung lebt sie immer weiter


Sage mir einmal, was du unter Heimat verstehst? Das muss man nicht zweimal fragen. Der ältere Mann begann gleich, in Stichworten zu erzählen:

Wo ich geboren bin, ich mit Eltern und Geschwistern gelebt habe,
aufgewachsen bin, mit anderen Kindern, Freunden gespielt und
meine Jugend mit vielen Freunden verbracht habe.
Wo ich später, immer noch im selben Ort, meine Frau kennen und
lieben gelernt habe, wir eine Familie gegründet haben, wo unser Sohn
geboren wurde und wo wir gelebt haben.
Wo wir gemeinsam mit vielen weiteren neuen Freunden
Geburtstage gefeiert und das neue Jahr begrüßt haben und
die Zeit uns immer älter werden ließ. Dort, wo ich und wir von Kindheit an
bei auch allen Fährnissen und Problemen des Lebens glückliche und
zufriedene Zeiten verbracht haben.

Ist's nicht noch mehr? Doch, doch – noch viel mehr!

Es sind die Lindenbäume in der Straße mit ihrem besonderen Duft zur Blütezeit.
Es sind der nahe Wald mit meinem Kletterbaum, der alten Eiche,
die alte Schule mit dem Schulhof und der Blick von der Höhe über die Stadt.
Es sind das vom Wind aus der Ferne des Tales zugetragene pfeifend-heulende Zugsignal,
die noch verbliebenen Bekannten und Freunde aus alten Tagen,
denen das Alter auch die Renten- oder Pensionärszeit gebracht hat.
Es sind die Einkaufsgeschäfte von früher, die meist nicht mehr bestehen,
deren erhaltenen Gebäude man aber noch kennt. Da haben wir
die frischen Brötchen und Wurst gekauft, dort Lebensmittel, Obst und Gemüse.
Und in der einen Straße war der Schuster und in der anderen der Friseur.
Es ist der Hauch der Vergangenheit, der über allem liegt.

Aber vieles ist doch gar nicht mehr da!?
Da sagt der ältere Mann: „Wieso nicht? Es lebt in der Erinnerung weiter.
Wer wird die vielen Eindrücke und Erlebnisse schon vergessen? Heimat ist
jetzt da, und sie war da. Wer die Heimat liebt, bei dem verflüchtigt sie sich nicht!
                                                                                                              Georg Hainer